§. 15. Wir haben oben angeführt, daß ein Clavieriste besonders durch Fantasien, welche nicht in auswendig gelernten Passagien oder gestohlnen Gedanken bestehen, sondern aus einer guten musikalischen Seele herkommen müssen, das Sprechende, das hurtig Ueberraschende von einem Affecte zum andern, alleine vorzüglich vor den übrigen Ton-Künstlern ausüben kann; ich habe hiervon in dem letzten Probe Stück eine kleine Anleitung entworfen.
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§15. I have mentioned above that a keyboard player, especially in fantasias that do not consist of memorized passages or stolen ideas, but that must emerge from a good musical soul, can, more so than other musicians, exercise the rhetorical element—the swift and surprising changes from one affect to the other. I have drafted some guidance for this in the last Probestück [Wq 63/6/iii].
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Hierbey ist nach der gewöhnlichen Art der schlechte Tact vorgezeichnet, ohne sich daran zu binden, was die Eintheilung des Ganzen betrifft; aus dieser Ursache sind allezeit bey dieser Art von Stücken die Abtheilungen des Tactes weggeblieben. Die Dauer der Noten wird durch das vorgesetzte Moderatoⓘ überhaupt und durch die Verhältniß der Noten unter sich besonders bestimmt. Die Triolen sind hier ebenfalls durch die bloße Figur von drey Noten zu erkennen.
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As usual, common time is indicated at the beginning without being bound to it regarding the disposition of the whole. Therefore there are never bar lines in such pieces. The duration of the notes is determined by the prescribed moderatoⓘ in general, and by the relation of their values in particular. Here, triplets are merely to be recognized by groupings of three notes [i.e, without triplet signs].
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Das Fantasiren ohne Tact scheint überhaupt zu Ausdrückung der Affecten besonders geschickt zu seyn, weil jede Tact-Art eine Art von Zwang mit sich führet. Man siehet wenigstens aus den Recitativen mit einer Begleitung, daß das Tempo und die Tact-Arten oft verändert werden müssen, um viele Affecten kurz hinter einander zu erregen und zu stillen. Der Tact ist alsdenn oft bloß der Schreib-Art wegen vorgezeichnet, ohne daß man hieran gebunden ist. Da wir nun ohne diese Umstände mit aller Freyheit, ohne Tact, durch Fantasien dieses auf unserm Instrumente bewerkstelligen können, so hat es dieserwegen einen besondern Vorzug.
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Above all, improvisation without meter seems to be particularly useful for expressing affects, because every kind of meter implies some kind of constraint. From accompanied recitatives, at least, we can tell that their tempo and meter needs to be changed frequently in order to excite and soothe many affects in quick succession. Here the meter is indicated just as a non-binding notational convention.Since on our instrument we can realize this [rapid changing of affect] in fantasies without such [metrical] constraints, with all freedom, without meter, this instrument has particular merit.
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